SCHIPPER war vor über 40 Jahren
nicht nur der erste deutsche Hersteller, der die aus den USA stammende Maltechnik in Deutschland eingeführt hat, der fränkischen Firma ist es auch gelungen, dieses Malsystem außergewöhnlich zu perfektionieren. Den Gemälden ist kaum anzusehen, dass sie nach dieser Methode gemalt wurden. Kleine und große Freizeitkünstler sind deshalb ganz besonders stolz auf ihre kleinen Kunstwerke. In passende Bilderrahmen gefasst, dekorieren sie Wohnungen und werden auch gerne verschenkt.
Quelle: malennachzahlen-schipper.com
Zahlen, bitte!
(Spiel-)Sachen gibt’s: Da wird ein Hobby für Kinder erfunden, das dann aber die Erwachsenen an sich reißen und nun wieder den Nachwuchs fasziniert. Diese Geschichte des „Malen nach Zahlen“ ist untrennbar verknüpft mit der Lebensgeschichte Jürgen Schippers. Das Porträt einer Marke und ihres Schöpfers.
Es gibt Leute, die belächeln dieses „Malen nach Zahlen“. Das sei doch unkreativ, weil alles vorgegeben ist. Kein bisschen künstlerisch sei es und jeder könne auf hundert Meter Entfernung sehen, dass es sich um kein Original-Bild handele. Aber wer hat schon einen echten da Vinci oder van Gogh im Wohnzimmer? Meistens handelt es sich bei diesen überheblichen Zeitgenossen um jene, die weder einen Nagel in die Wand kriegen noch einen Knopf annähen können, geschweige denn einen Blumenstrauß arrangieren.
Dabei betrachten sich Anhänger dieser Pinseltechnik selten selbst als Künstler. Sie genießen einfach diesen Moment der Ruhe in ihrem Alltag oder das gute Gefühl, etwas von Hand selbst gemacht zu haben. Ihnen ist in der Tat der Weg das Ziel. Schließlich dauert es bis zu 30 Stunden, um ein 40 mal 50 Zentimeter großes Bild fertigzustellen. Bei einem aufwändigen Motiv wie einem Triptychon sind es gut und gerne 50 Stunden.
Die Feldforschung
Am Anfang sind es nur ein paar Farbfelder, die nach nichts aussehen. Doch jeder feine Pinselstrich entfacht die Neugierde, wie sich das Bild wohl entwickeln wird. Voraussetzung für ein befriedigendes Ergebnis ist natürlich eine qualitativ hochwertige Vorlage. Eine wie die von Schipper Arts & Crafts, der Firma, die seit 2008 zur Simba Dickie Group gehört.
Zur Erklärung für Leser, die „Malen nach Zahlen“ gar nicht kennen: Der Hobbykünstler kauft ein Set mit Leinwand, Pinseln und Farben. Auf dem weißen Malgrund ist das Bildmotiv in Umrissen vorgegeben, jede Farbfläche zum Ausmalen trägt eine Zahl. Diese bezeichnet den Farbton, mit dem das Feld ausgemalt werden muss. Je detailreicher ein Motiv ist, desto schwieriger ist es auch, in dem Gewirr aus Zahlen und Linien irgendetwas zu erkennen. Genau das macht den Reiz aus.
Vor mehr als 40 Jahren entdeckte der gebürtige Fürther Jürgen Schipper in einem New Yorker Spielwarengeschäft das amerikanische Malsystem von Walt Disney. Es war die Kopie des weltberühmten Gemäldes „Das letzte Abendmahl“ von Leonardo da Vinci. „Das hat mich sofort fasziniert“, erinnert sich Jürgen Schipper, der das Meisterwerk nach wie vor im Angebot hat.
Wo ein Wille ist …
Zurück aus den USA machte sich der Sohn eines Spielwarenproduzenten daran, seine ersten Motive „Die vier Jahreszeiten“ zu entwickeln, passende Zeichner zu finden, die Ölfarben zusammenzustellen, in Produktion zu gehen. Doch der deutsche Markt war wohl noch nicht reif. „Die Händler wollten das nicht“, erinnert sich Jürgen Schipper an seine ersten schleppenden Vermarktungsversuche. Das sei Kinderkram, ein Erwachsener mache so etwas nicht. Dass er dann den Kaufhausriesen Karstadt überzeugen konnte, bestätigte Jürgen Schipper in seinem Glauben an das Malsystem.
Bald verkauften sich seine Kinder-Mini-Bilder bei einem Lebensmittel-discounter wie geschnitten Brot. Und dann kam die Überraschung: „Erwachsene gingen in die Spielwarenläden und suchten das ‚Malen nach Zahlen‘ für sich selbst. Das entstand wirklich aus dem Kundenwunsch heraus“, erzählt Jürgen Schipper. „Der beharrlichen Nachfrage konnten sich die Händler nicht entziehen.“ Weniger die Kinder, sondern ihre älteren Geschwister, Eltern und Großeltern wollten die Feldmalerei. Sie sollten sie haben.
Treffsicherer Trendsetter
Im Laufe der Jahre trieb Jürgen Schipper die Maltechnik auf die Spitze. Seit 1997 bietet er nur noch geruchsfreie, lichtechte Acrylfarben auf Wasserbasis an. „Trends erkennen und schnell umsetzen“ heißt bis heute die Devise. Was die Menschen gerade besonders interessiert, das funktioniert. Früher waren religiöse Motive der Renner: der gute Hirte, der Schutzengel, Wandbilder, wie man sie auch gern als Druck kaufte und ins Wohnzimmer hängte. Ein dauerhaftes Modethema ist die Faszination fürs alte Ägypten. Oder der exotische Wohnstil mit allem, was ein Ambiente „jenseits von Afrika“ schafft. Blumen und Landschaften jeglicher Couleur gehen aber immer. Übrigens vor allem in Nordeuropa. Größte Abnehmer für ‚Malen nach Zahlen‘ sind neben den Deutschen die Österreicher und Schweizer.
Immer noch Handarbeit
In den vergangenen 25 Jahren hat Schipper rund 2,5 Millionen Bilder verkauft. Heute umfasst das Portfolio 120 Motive. 85 Prozent sind für Erwachsene, doch der Kids-Anteil wächst. Jährlich kommen sechs bis acht neue Gemälde-vorlagen hinzu. Deren Herstellung ist nach wie vor ein sehr facettenreicher Prozess.
Ob es ein Original als Vorlage gibt oder ob es sich um ein frei erfundenes Motiv handelt, zunächst skizziert Jürgen Schipper in Worten und Zeichnungen seine Vorstellungen für den Illustrator. Nach etlichen Entwürfen und einigen Korrekturen malt der Künstler die endgültige Vorlage und legt die Farbfelder fest, die Malkonturen. Er entscheidet, welche Farben zum Einsatz kommen müssen, die natürlich das Original vorgibt. Je mehr Farben und Felder, desto feiner und näher kommt die Nach-Zahlen-Version an das Original heran. Ein 40 mal 50 Zentimeter großes Bild hat 800 bis 1.000 Malfelder. Die einfachste Farbpalette besteht aus sechs Farben, die Profiklasse sogar aus 42. Sie festzulegen dauert allein etwa sechs Wochen. Das ist alles nach wie vor Handarbeit. Nur die Vervielfältigung des Malgrunds ist später Computersache. Für die Hobbymaler sind exakte, feine Umrisszeichnungen ebenso wichtig wie gut lesbare Zahlen.
Farbe bekennen
Anhand der Farbentabelle des Künstlers werden die Töne gemischt. In der 2.000 Quadratmeter großen Nürnberger Fabrik stehen Tausende von Flaschen mit allen Farben dieser Welt, als wandele man durch einen überdimensionalen Tuschkasten. Insgesamt wird heute mit 5.000 verschiedenen Farbtönen hantiert. Schließlich braucht man schon für eine einzige Zitrone sechs bis acht Nuancen. Das ist übrigens alles „made in Germany“. Nur der Baumwollstoff für die Leinwände stammt aus Fernost.
Mitte der 90er-Jahre kam Jürgen Schipper noch eine ganz andere Idee, die sich durchsetzte. Bei „Male deinen Liebling“ können Kunden ein Schwarz-Weiß-Foto einschicken, das zur Malvorlage umgewandelt wird. Das hat sich Erfinder Jürgen Schipper patentieren lassen. Dass dem studierten Betriebswirt die Kreativität wirklich eine Herzensangelegenheit ist, zeigt ein weiteres Beispiel: Bei Gemälde-Adaptionen liegt jeder Schachtel ein Informationsblatt zum Original bei. Wer der Künstler war, wann er das Gemälde geschaffen hat, wo es hängt und so weiter. „Das ist ein bisschen Kunsterziehung“, schmunzelt Schipper.
24 Mitarbeiter beschäftigt die Firma, die meisten hat Schipper selbst ausgebildet. Sie kümmern sich beispielsweise um den einzigartigen Ersatzfarben-Service. Beim Malen-nach-Zahlen-Hobby kommt es immer wieder vor, dass die Farben nach einer längeren Kunstpause eingetrocknet sind oder durch ein Missgeschick verschüttet werden. Ein Anruf am Morgen genügt und nachmittags sind die Ersatztöpfchen auf dem Weg zum Kunden.
Ein Lächeln – das Meisterstück
Schippers Kreativität ist unermüdlich. Sein jüngster Streich sind die Unikatrahmen, die farblich fein auf das Bild abgestimmt sind. Die gebrauchsfertig geleimten Kiefernholzrahmen liefert die Simba-Dickie-Firma Eichhorn. Der Käufer kann sie selbst gestalten: mit Abbeize oder Goldbronze streichen, mit Bohnerwachs oder Schuhcreme patinieren oder mit Goldfolie verzieren. Antik-Look und Altgold-Optik sind derzeit am beliebtesten.
Um der Welt zu demonstrieren, was mittlerweile mit „Malen nach Zahlen“ möglich ist, präsentierte Jürgen Schipper Anfang des Jahres den vorläufigen Höhepunkt seines Schaffens: die „Mona Lisa“ nach Leonardo da Vinci (1452 – 1519), das berühmteste Gemälde der Welt, das im Pariser Louvre hängt. „Mein Meisterstück“, sagt Schipper und lächelt mild. „Das ist wirklich Malen nach Zahlen in Perfektion.“
[2. August 2010]
Beitrag mit freundlicher Genehmigung übernommen von www.simba-dickie-group.de
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